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AutorenbildManuel Klinnert

Flipcharts in der Ausbildung

Nach dem Corona-bedingten Aufschwung der digitalen Ausbildungsmethoden möchte ich mich in diesem Beitrag wieder einem analogen Mittel in der Ausbildung widmen: dem Flipchart. Ich möchte Euch zeigen, wie Ihr mit ein wenig Übung in fünf einfachen Schritten ein tolles Flipchart gestalten könnt, das Abwechslung in Eure Ausbildung bringt.

 

Seid Ihr schonmal in einer Ausbildung gesessen, in der die Referentin oder der Referent stumpf von den PowerPoint-Folien abgelesen hat und Ihr Euch eigentlich nur nach dem nächsten Ausbildungsabschnitt oder sogar dem Feierabend gesehnt habt? Bei so einer Präsentation hilft auch das umfangreichste Fachwissen nichts, wenn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einfach nicht mitgerissen werden. In den letzten beiden Beiträgen habe Ich Euch sechs verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie Ihr Eure Präsentationen aufwertet, um genau das zu verhindern. Ich habe allerdings auch die Vorzüge von Flipcharts an der ein oder anderen Stelle angerissen. Und mit genau diesem Thema will ich mich im folgenden Beitrag näher befassen.


Flipcharts findet man mittlerweile in nahezu jeder Lehreinrichtung. Auch bei den freiwilligen Hilfsorganisationen ist das Flipchart bereits angekommen. Sicher arbeitet auch ein Großteil der Ausbilderinnen und Ausbilder regelmäßig damit. Um aber wirklich alles aus den neumodischen Papiertafeln rauszuholen, muss man einiges beachten, was vermutlich einem wesentlich kleineren Bestandteil der Nutzer bewusst ist. Zu diesem Thema möchte ich Euch ein paar Tipps an die Hand geben, die Ihr in Euren Ausbildungen und Unterrichten einbauen könnt und so vielleicht nachvollziehen könnt, warum ich so gerne mit Flipcharts arbeite.

Dazu könnt Ihr mich in begleiten, wie ich Schritt für Schritt die Flipcharts für eine Ausbildung entwickle und erkläre, worauf ich dabei achte. Bei der geplanten Ausbildung geht es um die theoretischen Grundlagen der Einsatztaktik für angehende Wasserretterinnen und Wasserretter. Aus organisatorischen Gründen steht mir für diese Ausbildung kein Beamer zur Verfügung. Die ideale Situation für eine kleine Herausforderung. Ziel ist es also, die gesamte Präsentation mit Flipcharts umzusetzen.


Zunächst müssen wir uns natürlich Gedanken über die Inhalte der Ausbildung machen. Erst dann können wir uns überlegen, wie wir das Wissen am besten vermitteln und visualisieren wollen. Da es hier erst Mal nur um die technische Umsetzung gehen soll, überspringe ich diesen Teil und gehe direkt darauf ein, welche Charts Euch im Beitrag begegnen werden:

  • Als Wiederholung der Vorausbildungen habe ich eine ausgedruckte Grafik des Führungsvorganges. Diese behandle ich im Grunde wie ein Flipchart, verdecke die einzelnen Phasen und erarbeite die Grafik in einer Art Quiz mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Vorlage findet Ihr hier als Download.

  • Um die Ordnung des Raumes an einem Einsatzort zu vermitteln, möchte ich zunächst die organisatorische Führungsstruktur ganz vereinfacht erarbeiten. Dazu stelle ich Einheiten und Führungskräfte an der Einsatzstelle hierarchisch dar. Diese Darstellung werden wir uns vom weißen Blatt bis zum fertigen Flipchart ansehen.

  • Außerdem soll es um die Kommunikation am Einsatzort gehen. Dazu wird schematisch dargestellt, welche Meldeformate es im Einsatz gibt und an we sie gerichtet werden können.

  • Als Abschluss möchte ich, wenn die Zeit es zulässt, das Erlernte noch in kleinen Planspielen anwenden. Auch hier kommen Flipcharts zum Einsatz.

Oft habe ich zwar eine grobe Vorstellung davon, was ich darstellen möchte, bin aber noch nicht ganz sicher, wie ich die Visualisierung am besten zur Wirkung bringen kann. Dann fertige ich Entwürfe auf einem DIN-A3-Skizzenblock an. Hier kann ich bereits Flipchart-Marker verwenden und mir ein Bild davon machen, ob die Charts erreichen, was ich mir vorgestellt habe. Oft kommt man dadurch erst auf die besten Ideen. Hier zum Beispiel der erste und zweite Entwurf der Darstellung der Führungsstruktur am Einsatz.

So, dann können wir uns ja jetzt an das Gestalten machen, oder? Nicht ganz. Zunächst müssen wir uns nämlich noch über die Basics unterhalten…


Schritt 1: das Material

Bereits hier könnt Ihr mit vielen Kleinigkeiten bereits einen Riesenunterschied bewirken.


Das Papier: bei der Auswahl des Papiers könnt Ihr im Grunde nichts falsch machen. Für umweltbewusste Ausbilder gibt es Flipchartblöcke aus Recyclingpapier. Zudem sollte es kariert sein. Wobei wir schon auf den ersten Tipp stoßen: hängt das Papier falsch herum auf, also mit der bedruckten Seite nach hinten. So habt Ihr einen schönen weißen Hintergrund, der das Auge nicht überfordert, aber beim Zeichnen schimmert das Karo dennoch auf die zu beschriftenden Seite durch.


Die Marker: hier gibt es bei der Beschaffung durchaus etwas zu beachten. Zunächst sollten es spezielle Flipchart-Marker sein. Außerdem solltet Ihr keine Stifte mit Rundspitze kaufen. Damit sieht die Schrift immer unordentlich aus. Stattdessen besorgt Euch Marker mit Keilspitze. Entweder als Moderationsmarker (2-6 mm) oder als extragroße Marker für Überschriften (6-12 mm), hier zum Beispiel von Neuland. Mit ein wenig Übung bekommt Ihr so eine optisch ansprechende und gut lesbare Schrift auf das Papier.


Wachsmalblöcke: um Eure Flipcharts mit Farbe zu füllen, möchte ich Euch die Wachsmalblöcke von Stockmar ans Herz legen. Dabei handelt es sich keineswegs um Bestandteile aus einem Kinder-Malset, sondern um wertvolles Moderatoren-Zubehör, das vermutlich kein professioneller Flipchart-Nutzer missen möchte. Wie Ihr die Blöcke einsetzt, erfahrt Ihr noch.


Kleber: zwischen all den Moderationskarten, bunten Wolken, Post-Its und Stickern gibt es noch einen „Geheimtipp“. Nämlich den wiederablösbaren Klebestift von Scotch. Damit könnt Ihr alles zu einer Haftnotiz machen. Im Grunde handelt es sich um einen Klebestift mit dem Kleber, den Ihr auch auf der Rückseite von Post-It-Zetteln findet. Damit könnt Ihr aus normalem Papier, Farbkarton, Flipchartausschnitten und Moderationskarten vielfältige Klebezettel machen, die Ihr mehrmals abnehmen und wieder anheften könnt.


Das sollte meiner Meinung nach das Starter-Set in Eurem Unterrichtsraum darstellen. Natürlich könnt Ihr das ganze noch um diverses Moderationsmaterial erweitern. Mit Papier, Markern in schwarz, Farbe und Schattentönen sowie Wachsmalblöcken kommt Ihr aber schon ziemlich weit. Für Entwürfe bieten sich zudem noch Bleistift, Radierer und ein Skizzenblock an. Tesa- und Kreppband können als Ersatz für den Klebestift dienen oder wenn Ihr Flipcharts an der Wand befestigen möchtet.


Schritt 2: das Layout

Anfangs ist es immer schwer, die Größe von Schrift und Zeichnungen einzuschätzen, wenn man das leere Flipchart vor sich sieht. Schreibt man einfach drauf los, fühlt sich das Blatt im Handumdrehen immer kleiner an. Dazu gibt es einen kleinen Trick, bei dem Euch der zuvor angesprochene Klebestift behilflich sein kann. Schreibt und zeichnet die einzelnen Elemente, die am Ende auf der Seite Platz finden sollen zunächst auf normales Druckerpapier und verseht es mit Kleber. Natürlich könnt Ihr dazu auch Kreppband nutzen. Jetzt habt Ihr Bestandteile des fertigen Flipcharts auf der Seite, könnt Sie aber noch so verschieben, dass alles angenehm Platz findet. Außerdem könnt Ihr Euch bereits jetzt Mal auf den hintersten Platz des Raumes setzen und testen, ob man von dort aus noch alles lesen kann. Anschließend könnt Ihr einfach ein leeres Blatt darüber platzieren und die Linien scheinen gerade genug durch, um sie mit dem Marker auf das Papier zu übertragen.

Eine alternative zu diesem Schritt ist, zunächst einen Entwurf mit Bleistift auf das Papier zu bringen. Auch wenn die Marker-Linien nicht direkt auf dem Bleistift-Entwurf liegen, fällt das kaum auf. Aber Vorsicht: die Schrift wird mit dem Flipchartmarker in der Regel stets ewas breiter ausfallen!


Schritt 3: die Schrift auf’s Papier bringen

Das allererste, was auf dem Flipchart verewigt werden sollte, ist die Schrift. Dort seid Ihr in der Regel am unflexibelsten, könnt jedoch den Rest drumherum aufbauen und anpassen.

Die Schrift sollte sich deutlich vom Hintergrund abheben, gleichmäßig und gut lesbar sein und klare Absätze aufweisen. Für den Anfang empfehle ich Euch, Schrift immer in schwarz zu halten und nur durch Akzente wie Rahmen, Unterschriften und Schattierungen hervorzuheben.


Schritt 4: Symbole und Container hinzufügen

Um Übersichtlichkeit zu erzielen und Textfelder voneinander abzugrenzen oder hervorzuheben könnt Ihr den Text mit sogenannten „Containern“ umrahmen. Das sind unterschiedlich gestaltete Boxen und Rahmen, welche die Textelemente voneinander abgrenzen und gegebenenfalls hervorheben. Für den Anfang reicht ein einfaches Rechteck.

Damit sich Eure Darstellung nachhaltig in das Gedächtnis der Lerngruppe einprägt, könnt Ihr die einzelnen Elemente des Flipcharts zusätzlich mit Symbolen versehen. So entsteht ein stimmiges Bild, welches den Lernstoff sinnvoll ergänzt und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Erinnerung bleibt.


Schritt 5: Schattieren und Färben

Nun ist das Flipchart inhaltlich im Grunde fertig. Um ein tolles Gesamtbild zu erzielen und Inhalte noch besser hervorzuheben, könnt Ihr jetzt helle Marker und die Wachsmalblöcke nutzen, um Schatten zu ergänzen und die Symbole, Container und den Hintergrund einzufärben. Tipp: bei den Wachsmalblöcken nicht die Spitzen, sondern die lange und kurze Seite nutzen und nur ganz leicht aufdrücken. Für den Schatten zieht einfach eine helle Linie außen an zwei verbundene Seiten Eures Containers. Zum Beispiel unten und links.


Bonus: Moderieren mit dem Flipchart

Nun habt Ihr das komplette Flipchart fertig und könnt, wie in unserem Beispiel, die Führungsstruktur an der Einsatzstelle erklären. Einzelne Elemente gemeinsam mit der Lerngruppe erarbeiten ist mit dieser Methode allerdings schwieriger. Hier könnt Ihr nicht einfach Textfelder einfliegen lassen wie bei PowerPoint. Aber auch mit Flipcharts habt Ihr attraktive Möglichkeiten, wie Ihr einen Unterricht interaktiv gestalten könnt. Zum einen könnt Ihr Moderationskarten nutzen, die teilweise sogar selbstklebend sind, und diese auf dem Flipchart nach und nach ergänzen. Optisch ansprechender ist es aber, normales Drucker- oder Farbpapier in A3 oder A4 zu nutzen und je nach Bedarf zu gestalten. Hier habe ich einfach das gleiche Layout genommen, jedoch die einzelnen Einheiten und Führungskräfte auf Druckerpapier gezeichnet. Schrift, Gestaltung und Materialien bleiben gleich. Nur die Bilder werden anschließend ausgeschnitten und mit dem oben angesprochenen Kleber versehen. Während des Unterrichts nutzt Ihr dann eine Pinnwand mit einer leeren Flipchartseite oder die Rückseite des darüberliegenden Blattes direkt auf dem Ständer (das Ihr dann nach hinten über den Ständer klappt und so die Bilder direkt auf der Rückseite hängen habt).

Jetzt könnt Ihr je nach Kenntnisstand der Lerngruppe verschiedene Führungsstrukturen darstellen und sogar kleine Führungssimulationen durchspielen. Diese Flipcharts könnt Ihr aufbewahren und für die nächsten Ausbildungen erneut nutzen.


Baut doch bei der nächsten Ausbildung einfach Mal ein Flipchart ein. Versucht Euch am besten an einem Gliederungs-Chart. So haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stets den Ablauf vor Augen und Ihr könnt Euch versuchen und beüben. Denn bei wie so vielen Bereichen macht auch hier die Übung den Meister. Wem das Thema Spaß macht und meine Anleitung hier zu spärlich ist, empfehle ich den Flipchart-Coach von Axel Rachow und Johannes Sauer. Dort findet Ihr eine wesentlich detailliertere Anleitung, hilfreiche Tipps und viele Vorlagen, die Ihr nutzen könnt.

Schickt mir auch gerne Eure ersten Gehversuche (zB auf Instagram) und berichtet von Euren Erfahrungen.


Als Abschluss habt Ihr hier noch eine Slideshow mit den einzelnen Stufen der Flipchart:






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